Petra Behnke-Batteux
Der Musikunterricht von Klasse 1 bis Klasse 12
„Sonne, Sonne komm hervor, aus des Himmels goldʼnem Tor…“.
Mit diesem Lied begrüße ich seit 13 Jahren die Kinder jeder neuen ersten Klasse.
In der allerersten Unterrichtsstunde versuche ich mir die Namen aller Mädchen
und Jungen einzuprägen, indem jedes Kind allein vor die Klasse tritt und auf
einem Klangstab einen Ton spielt. Danach geben wir uns die Hand und jedes Kind
verrät mir seinen Namen.
Geschichten werden Musik
Nun kann der Unterricht beginnen! Singen, Tanzen, Hören. Geschichten werden
in Musik verwandelt, die Kinder verwandeln sich zur Akkordeonmusik in Tiere,
die singend durch das Klassenzimmer hüpfen, springen, kriechen. Der Fantasie
sind keine Grenzen gesetzt. Im Verlauf des ersten Schuljahres lernen die Kinder
aber auch, dass sie auf einander hören, auf einander Rücksicht nehmen müssen
und nur so miteinander musizieren können. Mit großer Spannung warten alle
Erstklässler auf „ihre“ Flöte, die meistens nach Weihnachten voller Stolz mit in
den Unterricht gebracht wird. Nun wird auch noch in jeder Musikstunde geflötet
und immer ist die Zeit viel zu kurz und die Stunde viel zu schnell vorbei.
Singspiele, Diatonik, Noten
In der zweiten Klasse findet der Musikunterricht als Epochenunterricht statt.
Endlich hat man genug Zeit, um kleine Singspiele einzustudieren und mit den
beliebten Rhythmusinstrumenten zu musizieren. Das Flötenspiel macht allen
Kindern sehr viel Spaß und sie freuen sich schon auf die dritte Klasse, wenn man
auf der dann neuen diatonischen Flöte alle Lieder, die im Unterricht gesungen
werden, auch auf seiner Flöte spielen kann.
Jetzt bekommt jedes Kind auch eine Musikmappe, in der alle gesungenen und
geflöteten Lieder und Musikstücke gesammelt und mit selbstgemalten Bildern
geschmückt werden.
Wir beschäftigen uns mit dem Erlernen der Notenschrift und es ensteht manch
kleine Komposition. Wir hören auch interessante Geschichten aus dem Leben
berühmter Musiker und die Kinder lieben es, mehrstimmig zu singen und zu
flöten.
Rhythmus
In der vierten Klasse geht es dann so richtig rhythmisch zu. Die verschiedenen
Notenwerte werden gelernt und geübt und ein recht schwieriger Klatschkanon aus
Moldawien sollte von allen Schülern am Ende des Schuljahres gekonnt sein.
Notenkreuzworträtsel werden gelöst und die Liedermappe platzt aus allen Nähten.
Mit den Schülerinnen und Schülern einer fünften Klasse kann man dann schon ein
richtig anspruchsvolles Singspiel einstudieren und die Kinder sind mit Feuereifer
dabei. Sie entwickeln einen gewissen Ehrgeiz, alle Lieder auch richtig und vor
allem schön zu singen.
Musikalische Aufführungen
In der sechsten Klasse gibt es dann auch schon mal einen kleinen Musiktest. Da
können die Schüler dann zeigen, was sie alles von der Noten- und Harmonielehre
behalten haben, und ich sehe, was vielleicht nochmal wiederholt und intensiver
gelernt werden muss. Die Lieder und Musikstücke werden jetzt zunehmend
anspruchsvoller und schwieriger und mit einigen 6. Schulklassen fand ich in den
letzten Jahren Zeit, Mozarts „Zauberflöte“, „Joseph und seine Brüder“ und „Die
Kinder des Monsieur Mathieu“ einzustudieren und aufzuführen.
Wenn die Stimme bricht
Spätesten ab der siebten Klasse kann man wegen des beginnenden Stimmbruchs
nicht mehr so intensiv mit der ganzen Klasse singen und eine Einteilung in
Mädchengruppe und Jungengruppe ist hilfreich. So kann ich auf die
unterschiedlichen Interessen und stimmlichen Möglichkeiten besser eingehen und
Gehörbildung und Harmonielehre intensiver üben, und wenn die Stimme kratzt
und krächzt, macht das Trommeln auf den Jemben umso mehr Spaß.
Musik und Gesang zum Klassenspiel
In der achten Klasse steht dann die Einstudierung eines Theaterstückes bevor und
da spielt auch die Musik mitunter eine große Rolle. Gibt es Instrumentalisten in
der Klasse, kann ein Orchester zusammengestellt und Musik für das Theaterstück
erarbeitet werden. Gesangssolisten bekommen, wie auch der Klassenchor,
Stimmbildungsunterricht und Extramusikstunden und überhaupt befinden sich alle
am Klassenspiel Beteiligten in einer Art Ausnahmezustand, der erst nach den
erfolgreichen Aufführungen langsam sein Ende findet und wieder normalen
Unterricht ermöglicht. In den letzten Unterrichtswochen des achten Schuljahres
blicken wir dann schon mal auf die Anforderungen in der Oberstufe. Viele
Schülerinnen und Schüler freuen sich schon auf die Mitwirkung in den
Oberstufenchorprojektaufführungen. Sie haben schon einige Konzerte der
Oberstufenschüler gehört und gesehen und können es kaum erwarten, auch mit
dabei zu sein.
Chorprojekt
Das Chorprojekt gibt es seit 13 Jahren und die Arbeit an den teilweise sehr
anspruchsvollen Chorwerken ist für die Schüler der neunten Klasse zunächst
ungewohnt und anstrengend. Aber die Aussicht, mit den Schülerinnen und
Schülern der zehnten, elften und zwölften Klasse spätestens auf Schloss Noer
gemeinsam zu proben, weckt mitunter ungeahnte musikalische Fähigkeiten.
Singend ins Leben
Neben der Arbeit am Chorprojekt hat natürlich jede Oberstufenklasse auch noch
„normalen“ Musikunterricht. Die Gestaltung des Unterrichts versuche ich
individuell auf die jeweiligen Schüler einer Klassenstufe auszurichten. Man kann
nicht mit jeder Klasse das gleiche Unterrichtsprogramm in derselben Weise
erarbeiten. Jede Klasse fordert anders und anderes.
Natürlich gibt es Lieder und berühmte Werke großer Musiker, die unbedingt in
den Unterrichtsstunden gesungen, gehört und besprochen werden müssen. Doch
was in der einen Klasse mit Erfolg und Freude erarbeitet werden konnte, stößt in
derselben Klassenstufe mit völlig anderen Schülern auf Ablehnung und taube
Ohren.
Das ist eine Herausforderung, die ich gerne annehme, die mich wachhält und die
mich immer wieder Neues erleben und lernen lässt.
Die musikalische Arbeit mit den Schülerinnen von der ersten bis zur zwölften
Klasse macht mir sehr viel Spaß und meine schönste Belohnung ist, wenn die
Schüler nach der Stunde singend den Musikraum verlassen!