Angesagt statt abgesagt! Wow Day 2020 trotz Corona Pandemie
Bereits nach dem letzten sozialen Tag im Jahr 2019, begannen bei uns an der Schule die Vorbereitungen auf den Waldorf-One-World-Tag 2020. Doch dann kam Corona . Mit der Pandemie kamen die Nachrichten aus unser befreundeten Waldorfschule in Indien Darbari. Schnell wurde bewusst, dass auch wenn es das Virus nicht in die Wüste schaffen wird, die Auswirkungen der Pandemie werden dort lebensbedrohlich zuschlagen!
Mit viel Mut wurden daher nach dem Lockdown die Planungen wieder aufgenommen und ein Tag ins Auge gefasst. Am 29.09.20 gingen die Schüler und Schülerinnen der Klassen 5-12 in einem Betrieb oder im Freundes- und Verwandtenkreis arbeiten, um ihren Lohn nach Darbari zu spenden! Auch die jüngeren Klassen bastelten für die Freunde aus Indien und trugen durch den Verkauf ihrer Arbeiten zu der großen Spendensumme von 8.300€ bei. Der Schulleiter der Darbari Waldorfschule schrieb nach der Nachricht aus Lensahn „ Was die Schüler in Lensahn geschafft haben, das ist unglaublich, es gibt uns Mut in diesen Zeiten, jetzt ist nicht die Zeit aufzugeben!“
Die Waldorfschule bedankt sich ganz herzlich bei allen Arbeitgebern und Menschen, die diesen Tag ermöglicht haben und in Zeiten des „Abstandshaltens“ dafür gesorgt haben, dass wir alle wieder etwas „zusammenrücken“!
Bericht von Talia aus der 6 Klasse
Es war ein sehr sehr schöner Tag. Mein Arbeitstag war bei der Ancora Marina. Das ist eine Yacht- und Bootswerft. Ich bin Kran gefahren und habe im Lager zusammen mit Petra, Mirco und Christian Ware sortiert. Ich habe am PC Ware abescant und in die Lagerabeilungen die Ware einsortiert. Taue hab ich auch durchgebrannt. Nach der Mittagspause bin ich mit Jens Stapler gefahren und habe mit ihm zusammen ein Boot die Halle gezogen. Dann bin ich in den Verkauf gegangen und habe Kunden bedient. Dort habe ich auch Boien aufgepumt die zur Polsterung für die Boote dienen. Etiketten habe ich auch neu bedruckt. Ich freue mich das ich helfen konnte und freue mich aufs nächste Mal
Talia – Lynn Frewert 🌺
Artikel von Collien Dahlmann aus der 12 Klasse
Einblick in den WOW-Day
Bereits ohne den Wow- Day sorgte das Jahr 2020 mit einigen Ereignissen für den Wow Effekt, wenn auch in negativer Hinsicht. Seien es die desaströsen Verhaltensweisen gegenüber George Floyd und den Demonstranten nach seinem Mord, dem immer noch Aufmerksamkeit erregenden Präsidenten Donald Trump mit seinen Gebärden, die nicht würdig sind diskutiert zu werden und sich dennoch für viele zum Zentrum des Gesprächs entwickelten. Die Sachdiskussion darüber, wie man mit armen, kranken, geschädigten, traumatisierten, hungernden Menschen aus einem Flüchtlingslager umgeht, dass den Flammen mehr und mehr zum Opfer gefallen ist und Moria tatsächlich ein passender Name erscheint wenn Elend erst einmal diskutiert werden muss anstatt zu helfen. Und schließlich ein Virus, der körperlich wie psychisch mitriss und die wahre Menschlichkeit zutage brachte. Schon jetzt kursieren Meinungen, dass das Jahr 2020 der Untergang eben dieser war. Doch wie so oft muss erst einmal etwas entblößt werden, um etwas neues, gutes daraus entstehen zu lassen, damit wie in diesem Fall tatsächlich ein Aufwachen, ein Raunen, ein Aufruhr durch die Menge geht, sodass sich mehr als die bloße Minderheit mit existenziellen Fragen auseinandersetzt und differenzierter nachfragt. Verschiedenste Systeme wurden genauer unter die Lupe genommen oder sind vermehrt kontrovers aufgefallen, sei es die Gesellschaft als Ganzes, wie unsere Demokratie, das Gesundheitssystem, das Polit- und natürlich das Wirtschaftssystem, auf die Menschenrechte wurde kritisch geblickt und endlich wieder einmal festgestellt, dass nicht alles so ist wie es scheint. Doch aus dieser passiven Theorie sollte vermehrt zum aktiven Handeln übergegangen werden. Dieses aktive Handeln spielt sich sehr unterschiedlich ab. Entweder werden Ultimaten gestellt, Demonstrationen veranlasst, Sachverhalte nachgeforscht und neu interpretiert. Oder es werden Spenden gesammelt, um anderen Lebensgemeinschaften bei ihrem Fortbestehen zu unterstützen. Für diese Variante haben wir, die Waldorfschule in Ostholstein, uns erneut entschieden, indem wir, die Schüler, mit Unterstützung der restlichen Schulgemeinschaft (Eltern, Lehrer, Sekretariat) an einem Tag für den gemeinnützigen Zweck gearbeitet haben. Dieser Tag ist nicht ein Tag einmal im Jahr und dann vergessen wir es wieder, sondern vielmehr eine gesamte Bewegung, welche oftmals das Jahr verteilt stattfindet. wegen seiner vereinenden Symbolik, welche einen innehalten lässt, wie wir als Menschen auf dieser Erde ein gesundes miteinander erhalten und tatsächlich etwas bewegen können. Dieser WOW-Day (Waldorf one World day) hat seinen Ursprung aus Norwegen, wo bereits ein ähnlicher Tag mit gleichbedeutender Geste initiiert worden und anschließend im European Council for Steiner Waldorf global vereinbart wurde. An diesem Tag sammeln die Waldorfschulen mithilfe von kreativen Ideen Spenden für ihre anderen Familienmitglieder, heißt Waldorfschulen auf der ganzen Welt. Einen ungefähren Rahmen bietet der Zeitraum vom 29 September bis zum 29 November. Es wird geschaut, sich ausgetauscht und anschließend geplant, wen und wie man unterstützen möchte. Dies wird mithilfe einer extra für den WOW-Day eingerichteten Webseite( https://www.freunde-waldorf.de/wow-day/) erleichtert, auf welcher die einzelnen Waldorfschulen auf einer Karte angezeigt werden und man als Besucher oder Teilnehmer über die aktuelle Spendeneingänge, Internationalität und kulturelle Aspekte der einzelnen Länder erfährt. Bezüglich unserer Schule hat dies eine vorbildliche Partnerschaft ergeben, weil sie eben überraschend eng ist und nicht nur theoretisch in einem Prospekt steht. Sie bedeutet Besuche, Austausch und weitere Hilfe. Die Partnerschaft ist noch recht jung und besteht seit unserer Spendenaktion vor zwei Jahren, wo die 10 Klasse aus der Oberstufe besondere Aufmerksamkeit auf die Schule richtete durch ein der Kultur angemessenen indischen Essen und die Schulkantine mehr einem Restaurant glich als dem üblichen Aufenthaltsraum für die Essenspausen. Die Rückmeldung, wie die Spenden genutzt wurden, waren mehr als erfreulich. In der Theorie weiß man zwar, dass es wohl richtig angesetzt werden wird. Doch für die Fähigkeit sich selbst, mit seiner konsumgeprägten Selbstverständlichkeit und Privilegien wie tägliche Mahlzeiten, Schulbildung, einem Zuhause welches Möglichkeiten zur Stromnutzung, waschen, kochen, schlafen bietet und Recht auf Individualität in einen Alltag hineinzuversetzen, der so vollkommen verschieden ist vom eigenen, wo Schüler zu einer wenig akzeptierten Minderheit angehören, die Mädchen zwangsverheiratet und mehr von der Schule als vom Elternhaus geschützt werden, braucht es ein differenzierteres Grundverständnis als eine Beschreibung auf einer Internetseite. Schließlich hat man selbst noch nicht unbedingt u einem vergleichbaren Elend gesteckt. Aus diesem Grund war es schön in einem ersten Brief die Rückmeldung vom Gründer der Waldorfschule in Dar Bari, Indien, zu erhalten. Jaques Monteaux, ausgebildeter Waldorflehrer, hat sich dem Projekt im Jahre 2013 angenommen und seitdem eine enge Verbindung mit den Angehörigen des Bhil Volkes aufgebaut. Durch die Schule wird nicht nu versucht, Bildung selbst zu vermitteln, sondern den Kindern die Eigenständigkeit und Selbstbestimmung zu lehren, die sie aufgrund ihrer Herkunft nicht selbstverständlich erhalten da ihre Familien mit Diskriminierungen zu kämpfen haben. Des weiteren ist sie eine schöne, bereichernde Abwechslung zum vorherigen Alltag, wo noch eher Hunger und erschreckender Mangel an sanitären Anlagen herrschte und dieser Mangel in der Schule versucht wird möglichst gering zu halten, mit einer warmen Mahlzeit und, die jüngste Errungenschaft, ein vereinfachter Bau einer Dusche, welche von unseren Spenden mitfinanziert wurde. Des Weiteren bedankte sich Monteaux in seiner Dankesschilderung für eine ihm besonders ans Herz gewachsene Schülerin, welche aufgrund ihrer Schulausbildung vor der Zwangsheirat bewahrt werden konnte. In einem nächsten Brief, in den Wintermonaten des letzten Jahres verfasst, , auf Französisch geschrieben und somit eine zusätzliche Übersetzungsübung für die Französischstunde, wurde mehr über die Unterkunft und die Bedingungen geschildert, welche mit der kälteren Jahreszeit heranbrechen, vor allem durch die Lage an der Thar Wüste im Nordwesten Indiens, so wurde zum Beispiel über notdürftige Wärme durch Decken und Feuer berichtet anstelle einer Heizung. So gesehen braucht diese Schule noch einiges an Hilfestellungen seit der offiziellen Eröffnung 2016.
Das Leben den Umständen anzupassen ist je nach Kultur eine andere Schwierigkeit, so auch in der aktuellen Corona Krise, da die Elternhäuser nun wieder mehr Obhut über die Kinder annehmen und laut Monteaux Schilderung Zwangsverheiratungen nicht verhindert werden konnten. Es bedrückt, solche Neuigkeiten zu hören und nicht in Person dazu sein. Allein deswegen ist es eine wichtige Geste, trotz Corona die Menschlichkeit zu demaskieren und nicht außer Acht zu lassen. Das ist das mindeste was wir tun können, ein jeder in seinem Weg. Wahre Gefühle wie Wertschätzung, Liebe, Zuneigung lassen sich auch in diesen Tagen nicht ändern, selbst wenn diese eher sinnbildlich als körperlich, Hilfe muss nicht auf Abstand gehalten werden.
Diese positive Energie wirkt auch für jeden selbst. Es macht schließlich Freude, anderen Menschen zu helfen und durch seine eigene Mitwirkung Gutes zu tun. In diesem Jahr haben wir es so gehandhabt, dass die Unterstufe mit ihren Klassenlehrern zusammen etwas gebastelt und dieses zum Verkauf angeboten hat und ab der Mittelstufe jeder Schüler in Gruppen oder für sich selbst arbeiten gegangen. Dies war in dieser Hinsicht individuell, da sich jeder seinen eigenen Arbeitsplatz aussuchen durfte und dementsprechend engagiert an die Sache herangegangen wurde.
Für mich persönlich war es eine schöne Erfahrung, einmal selbst tätig zu werden und zu sehen, wie man von anderen Leuten wahrgenommen wird und sich einbringen kann. Zusammen mit einer weiteren Schülerin haben wir zusammen die Straßen Lübecks erklingen lassen, wobei vor allem die kleinen Momente an Bedeutung gewannen, wie die Sonnenstrahlen, lächelnde Leute oder die gar nicht so unsauberen Töne, wenn wir schließlich genügend Selbstbewusstsein aufgebracht hatten tatsächlich zu singen. Dafür, dass wir das erste Mal in Straßenmusiker Schuhen steckten, brachten wir die Stimmung sehr gelungen rüber, mit all den Kleinigkeiten, wie die Instrumente durch die Straßen zu tragen, versuchen, nicht aus Versehen Planen mitzureißen und häufig dasselbe Lied hintereinander zu spielen. Es war schön, sich an einem Ort auszudrücken, an dem man sich selbst als Person wiederfinden konnte, zusammen mit Menschen, die einem lieb sind. Diese Erfahrung wünsche ich jedem auf seinem Weg und konnte in diesem Jahr wieder von einem gelungenen Wow-Day im Namen unserer Schule sprechen.